Versorgungssicherheit und Klimaschutz vereinen
„Wir mussten lange hart am Wind segeln, doch jetzt gibt es Rückenwind von Regierungen und Unternehmen sowohl in der Region als auch in Europa.” So fasste Paul van Son, President von Dii Desert Energy, die aktuelle Entwicklung der inzwischen zu Desertec 3.0 gereifte Vision zusammen, Sonne und Wind der Wüsten für die Versorgung nutzbar zu machen. Experten aus inzwischen über 90 Partnerunternehmen von Dii Desert Energy trafen sich im Vorfeld der UN-Klimakonferenz COP27 zum 12th Dii Desert Energy Leadership Summit in Kairo.
Nahezu alle Regierungen der MENA-Region (Middle East North Africa) haben inzwischen ehrgeizige Ausbauprogramme für Solar- und Windenergie auf den Weg gebracht. Dazu gehört auch der schnelle Auf- und Ausbau von Kapazitäten für die Erzeugung „grüner Moleküle”, also vor allem Wasserstoff und Ammoniak. „Unsere Datenbank verzeichnet inzwischen konkrete Wasserstoffprojekte mit einer Leistung von über 20 Gigawatt (GW),” stellte Cornelius Matthes, CEO von Dii Desert Energy, fest. Mittelfristig könne ein Ausbau in Richtung von 100 GW erwartet werden.
Vor allem klimaneutral gewonnener Ammoniak könne bereits in naher Zukunft eine wichtige Rolle als Rohstoff für die Chemische und die Düngemittel-Industrie spielen, führte Matthes aus. „Die Transportinfrastruktur ist vorhanden. Jedes Jahr werden heute Millionen von Tonnen Ammoniak verschifft. Es muss also nichts neu erfunden oder entwickelt werden, um unter anderem die Düngemittelherstellung mit einem „grünen” Rohstoff nach vorne zu bringen. Ägypten als größter Produzent Afrikas wird hier eine Schlüsselrolle spielen.
Mehr Zeit wird die Entwicklung der Transportinfrastruktur für Wasserstoff in Anspruch nehmen. Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung und Vorsitzende des Vorstandes der Westenergie AG, skizzierte die wichtigsten Elemente einer Wasserstoff-Infrastruktur zwischen Europa und der MENA-Region. Im westlichen Mittelmeer gebe es bereits mehrere Gas-Pipelines, die sich auch für den Transport von Wasserstoff nutzen ließen. Darüber hinaus sollen derzeit auch im östlichen Mittelmeerraum ähnliche Infrastrukturvorhaben zur Erschließung von Wasserstoff-Potenzialen diskutiert werden. So könne sich Europa bei der Energieversorgung künftig unabhängiger von politischen Entwicklungen in einzelnen Staaten machen.
Reiche hob die Bedeutung einer kostengünstigen Wasserstoffversorgung für die europäische Industrie im internationalen Wettbewerb hervor. Die USA hätten mit dem US Inflation Reduction Act das bisher größte Investitionsprogramm zum Klimaschutz gestartet. Dadurch würden die Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff in den USA kurzfristig deutlich unter die von herkömmlichem grauem Wasserstoff sinken. Wollten Deutschland und Europa hier nicht zurückfallen, werde dies nur gehen, wenn die Kostenvorteile der MENA-Region bei Solar- und Windenergie genutzt würden.
Den Wert der Vernetzung zwischen Ländern und Kontinenten hob Paul van Son hervor. Ein funktionierender Markt mit Austausch untereinander sei der beste Weg zur Versorgungssicherheit. Deshalb gebe es jetzt eine Initiative zur Schaffung einer Handelsplattform ausschließlich für emissionsfreie Energie. Dadurch kann die CO₂-Reduktion vom physischen Transport abgekoppelt werden. Ähnlich wie beim „grünen Strom”, zu dessen „Erfindern” van Son zählt, kann ein Zertifikate-System die Entwicklung hin zu klimaneutralen Energieformen deutlich beschleunigen.
Nicht nur als Abnehmer, auch als Lieferant hochwertiger Technologie werden deutsche Unternehmen beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur eine wesentliche Rolle spielen. Andreas Beckers, Country CEO and Executive Board Member, thyssenkrupp Uhde Egypt, berichtete über Projekte für die das Unternehmen Elektrolyseure liefern werde. Er unterstrich, dass für die Erzeugung von Wasserstoff bereits bewährte Verfahren zur Verfügung stünden. Auch bei Produktion und Transport von Ammoniak gebe es langjährige Erfahrungen, die jetzt für den Wandel hin zu emissionsfreien Erzeugung eingesetzt werden könnten. thyssenkrupp ist seit 2021 strategischer Partner von Dii Desert Energy.
Welche Dynamik die MENA-Region bereits entwickelt hat, machte Paddy Padmanathan deutlich. Er ist Vice-Chairman und CEO des saudischen Unternehmens ACWA Power. Seit der Gründung im Jahr 2008 hat sich dieses Unternehmen vom Startup zum bedeutendsten Produzenten von Solar- und Windenergie sowie für Meerwasserentsalzung entwickelt. Mit rund 3.900 Mitarbeitern und einer installierten Stromerzeugungsleistung von 42,7 GW werden unter anderem 6,2 Millionen Kubikmeter Süßwasser pro Tag produziert. In den nächsten Jahren plant ACWA Power den Aufbau von zweistelligen GW Solar- und Windstromkapazitäten sowie Elektrolyse-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 40 GW.
Der politische Wille, das Ölzeitalter hinter sich zu lassen und stattdessen die Welt mit Energie ohne Emissionen zu versorgen, sei inzwischen da, stellte Paul van Son abschließend fest. Er schaue optimistischer denn je in die Zukunft, wenn auch die Entwicklung durchaus noch Zeit brauche. „Wir haben immer schon langfristig gedacht und das hat sich ausgezahlt. Desertec wird keine Vision bleiben, sondern Realität werden.”
Anmerkung für die Redaktion:
Paul van Son, Cornelius Mattes sowie die Sprecher der beteiligten Unternehmen stehen gerne für Gespräche per Zoom oder Telefon zur Verfügung. Wir organisieren gerne ggf. auch kurzfristig einen Termin.
Nahezu alle Regierungen der MENA-Region (Middle East North Africa) haben inzwischen ehrgeizige Ausbauprogramme für Solar- und Windenergie auf den Weg gebracht. Dazu gehört auch der schnelle Auf- und Ausbau von Kapazitäten für die Erzeugung „grüner Moleküle”, also vor allem Wasserstoff und Ammoniak. „Unsere Datenbank verzeichnet inzwischen konkrete Wasserstoffprojekte mit einer Leistung von über 20 Gigawatt (GW),” stellte Cornelius Matthes, CEO von Dii Desert Energy, fest. Mittelfristig könne ein Ausbau in Richtung von 100 GW erwartet werden.
Vor allem klimaneutral gewonnener Ammoniak könne bereits in naher Zukunft eine wichtige Rolle als Rohstoff für die Chemische und die Düngemittel-Industrie spielen, führte Matthes aus. „Die Transportinfrastruktur ist vorhanden. Jedes Jahr werden heute Millionen von Tonnen Ammoniak verschifft. Es muss also nichts neu erfunden oder entwickelt werden, um unter anderem die Düngemittelherstellung mit einem „grünen” Rohstoff nach vorne zu bringen. Ägypten als größter Produzent Afrikas wird hier eine Schlüsselrolle spielen.
Mehr Zeit wird die Entwicklung der Transportinfrastruktur für Wasserstoff in Anspruch nehmen. Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung und Vorsitzende des Vorstandes der Westenergie AG, skizzierte die wichtigsten Elemente einer Wasserstoff-Infrastruktur zwischen Europa und der MENA-Region. Im westlichen Mittelmeer gebe es bereits mehrere Gas-Pipelines, die sich auch für den Transport von Wasserstoff nutzen ließen. Darüber hinaus sollen derzeit auch im östlichen Mittelmeerraum ähnliche Infrastrukturvorhaben zur Erschließung von Wasserstoff-Potenzialen diskutiert werden. So könne sich Europa bei der Energieversorgung künftig unabhängiger von politischen Entwicklungen in einzelnen Staaten machen.
Reiche hob die Bedeutung einer kostengünstigen Wasserstoffversorgung für die europäische Industrie im internationalen Wettbewerb hervor. Die USA hätten mit dem US Inflation Reduction Act das bisher größte Investitionsprogramm zum Klimaschutz gestartet. Dadurch würden die Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff in den USA kurzfristig deutlich unter die von herkömmlichem grauem Wasserstoff sinken. Wollten Deutschland und Europa hier nicht zurückfallen, werde dies nur gehen, wenn die Kostenvorteile der MENA-Region bei Solar- und Windenergie genutzt würden.
Den Wert der Vernetzung zwischen Ländern und Kontinenten hob Paul van Son hervor. Ein funktionierender Markt mit Austausch untereinander sei der beste Weg zur Versorgungssicherheit. Deshalb gebe es jetzt eine Initiative zur Schaffung einer Handelsplattform ausschließlich für emissionsfreie Energie. Dadurch kann die CO₂-Reduktion vom physischen Transport abgekoppelt werden. Ähnlich wie beim „grünen Strom”, zu dessen „Erfindern” van Son zählt, kann ein Zertifikate-System die Entwicklung hin zu klimaneutralen Energieformen deutlich beschleunigen.
Nicht nur als Abnehmer, auch als Lieferant hochwertiger Technologie werden deutsche Unternehmen beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur eine wesentliche Rolle spielen. Andreas Beckers, Country CEO and Executive Board Member, thyssenkrupp Uhde Egypt, berichtete über Projekte für die das Unternehmen Elektrolyseure liefern werde. Er unterstrich, dass für die Erzeugung von Wasserstoff bereits bewährte Verfahren zur Verfügung stünden. Auch bei Produktion und Transport von Ammoniak gebe es langjährige Erfahrungen, die jetzt für den Wandel hin zu emissionsfreien Erzeugung eingesetzt werden könnten. thyssenkrupp ist seit 2021 strategischer Partner von Dii Desert Energy.
Welche Dynamik die MENA-Region bereits entwickelt hat, machte Paddy Padmanathan deutlich. Er ist Vice-Chairman und CEO des saudischen Unternehmens ACWA Power. Seit der Gründung im Jahr 2008 hat sich dieses Unternehmen vom Startup zum bedeutendsten Produzenten von Solar- und Windenergie sowie für Meerwasserentsalzung entwickelt. Mit rund 3.900 Mitarbeitern und einer installierten Stromerzeugungsleistung von 42,7 GW werden unter anderem 6,2 Millionen Kubikmeter Süßwasser pro Tag produziert. In den nächsten Jahren plant ACWA Power den Aufbau von zweistelligen GW Solar- und Windstromkapazitäten sowie Elektrolyse-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 40 GW.
Der politische Wille, das Ölzeitalter hinter sich zu lassen und stattdessen die Welt mit Energie ohne Emissionen zu versorgen, sei inzwischen da, stellte Paul van Son abschließend fest. Er schaue optimistischer denn je in die Zukunft, wenn auch die Entwicklung durchaus noch Zeit brauche. „Wir haben immer schon langfristig gedacht und das hat sich ausgezahlt. Desertec wird keine Vision bleiben, sondern Realität werden.”
Anmerkung für die Redaktion:
Paul van Son, Cornelius Mattes sowie die Sprecher der beteiligten Unternehmen stehen gerne für Gespräche per Zoom oder Telefon zur Verfügung. Wir organisieren gerne ggf. auch kurzfristig einen Termin.